Rollenspiel auf neuen Wegen
„Persona“…dieser Name steht in Videospielkreisen seit Jahren für gehobene Rollenspielkost aus Fernost, die immer wieder mit einer gehörigen Portion Alltags-Simulation garniert ist. Doch im Westen tat sich die Rollenspiel-Reihe schwer und kam eigentlich erst mit Teil 4 im Mainstream an. Der richtige Durchbruch gelang Atlus dann aber mit „Persona 5“, dessen Zusammenspiel aus Story, Gameplay und Artstyle zu einem absoluten Meisterwerk beitrug.
Nach der letztjährigen „Royal“-Fassung, die mit einigen Zusatzinhalten doch einige Fans erneut an das Gamepad brachte, geht die Reihe nun aber ganz neue Wege. Denn in Zusammenarbeit mit den Massenschlacht-Experten von Omega Force entwickelte Atlus „Persona 5 Strikers“, das den Fokus auf ein actionreicheres Gameplay legt. Ob dieses Konzept aufgeht, verraten wir euch in unserem Test der PlayStation4-Version.
Es ist Sommer!
Einige Monate nach den Geschehnissen aus „Persona 5“ treffen sich die Phantomdiebe wieder in ihrem alten Versteck, im Café Le Blanc, und wollen ihre beginnenden Sommerferien ordentlich begehen. Somit schmieden sie Pläne, was man denn alles machen könne und planen einen gemeinsamen Urlaub außerhalb Tokyos.
Doch noch bevor sie abreisen können, gibt es erneut seltsame Ereignisse in der Stadt. Diese geschehen alle rund um das Model und Designerin Alice, deren Fans überaus passioniert sind und teilweise ihr letztes Hemd für sie geben. Fast schon zufällig geraten Joker und Ryuji dabei an ein geheimes Passwort, das sie – in Verbindung mit der Social Media-App EMMA – erneut in das Meta-Universum reisen lässt. Dort angekommen, merken die beiden, dass Alice mit den Begierden der Fans spielt und sich ein düsteres Geheimnis hinter der grellbunten Welt des Pop-Sternchens verbirgt.
Doch nicht nur die Phantomdiebe sind den seltsamen Ereignissen auf der Spur, auch die Polizei rund um die Sondereinheit PubSec will sich dieser Dinge annehmen und mit Joker, Ann & Co. zusammenarbeiten.
Ist doch alles beim Alten, oder?
Liest man den Namen Omega Force geht man eigentlich davon aus, dass es sich bei „Persona 5 Strikers“ um Massenschlachten mit „Persona“-Überzug handelt. Doch das ist nicht ganz so einfach. Denn im Kern kann man das Spin-off durchaus als vollwertiges „Persona“-Spiel ansehen. Zum einen ist die Story recht umfangreich und wird – wie auch schon im eigentlichen JRPG – mit langen Dialogszenen erzählt, zum anderen sind die Kämpfe nicht durch einfaches Buttonmashing zu bewältigen. Wie auch schon bei „Hyrule Warriors“ bedient man sich hier nämlich an einem durchaus strategischen Kampfsystem, das die Eigenheiten von „Persona“ ganz gut aufnimmt.
Seid ihr nämlich in den Gefängnissen in „Persona 5 Strikers“ unterwegs, fühlt es sich fast an wie ein reguläres Spiel der Reihe. Feinde sind also sichtbar und können mit einem Angriff aus der Deckung oder von einer Anhöhe überfallen werden. In diesen Auseinandersetzungen habt ihr dann je einen Button für einen normalen und einen speziellen Angriff und malträtiert eure Feinde in Echtzeit. Da diese nun aber in größeren Gruppen auftreten, kommt natürlich etwas Musou-Feeling auf.
Auch eure Personas könnt ihr natürlich wieder einsetzen, hierfür langt ein Druck auf R1, der das Spiel dann pausiert und euch in Ruhe die entsprechende Fähigkeit auswählen lässt. Habt ihr eure Feinde mit einem ordentlichen Angriff geschwächt könnt ihr noch eine Zusatzattacke starten, außerdem lädt sich mit der Zeit der Showtime-Balken auf, der für einen weiteren starken Angriff genutzt werden kann. Items verwendet ihr aus dem Pausenmenü heraus, generell steuert ihr eine von vier Figuren eurer Party. Diese könnt ihr aber auch mit dem D-Pad on the fly im Kampf frei wählen.
Kochen, Sightseeing, Shoppen
„Persona 5 Strikers“ verschlägt euch in mehrere japanische Städte und Orte, so unter anderem Sendai, Osaka oder die wunderschönen Okinawa-Inseln. Dabei geht ihr natürlich hauptsächlich eurer Arbeit als Phantomdiebe nach und infiltriert die Gefängnisse der Bösewichte, erfahrt den Grund für deren Handeln und verschickt letztlich die Prangerkarte, um euch dem finalen Boss zu stellen.
Doch es gibt auch zahlreiche Nebenbeschäftigungen zu erledigen. Häufig bekommt ihr Nachrichten von euren Gruppenmitgliedern und begebt euch auf die Suche nach einem geheimnisvollen Gericht oder einem speziellen Item. Dies stärkt vor allem die Bindung zwischen den einzelnen Personen und bringt euch Bindungs-Punkte, die ihr in verschiedene Effekte investieren könnt. So werden eure Charaktere nach und nach stärker, die Persona-Angriffe mächtiger oder ihr bekommt mehr Erfahrungspunkte für erledigte Aufgaben. Stichwort Aufgaben: nach dem ersten Gefängnis in Tokyo könnt ihr über das Anfragen-Menü Nebenmissionen annehmen und dafür nochmal in die Gefängnisse zurückkehren. Das dient vor allem dem Leveln, bringt euch hin und wieder aber auch ein paar tolle Items.
Die Städte bieten euch auch einige Attraktionen. So könnt ihr bestimmte Touristenspots besuchen, geht in den Läden für eure Mission shoppen oder genießt ein Bad in einem Onsen. Bei eurer digitalen Begleiterin und Neu-Phantomdiebin Sophie könnt ihr euch außerdem mit allerlei Ausrüstungsgegenständen und neuen Waffen versorgen, die euch schlagkräftiger machen.
Wie auch schon in „Persona 5“ könnt ihr an bestimmten Stellen auch wieder in den Velvet Room reisen. Dort verwaltet ihr wieder eure Persona und könnt sie zum Beispiel fusionieren. Ganz spaßig ist auch das Koch-Feature. So kann sich Joker in den unterschiedlichen Städten und Orten neue Gerichte aneignen und sie für die Gruppe kochen. Auch das steigert die Bindung der Phantomdiebe und lässt sie somit stärker werden.
Sieht aus und klingt wie „Persona 5“
Vorab: wir haben die PlayStation4-Fassung auf einer PS5 gespielt und den Grafik-Modus gewählt. Für Fans geschmeidiger Bildwiederholungsraten gibt es außerdem einen Performance-Modus in den Optionen.
Generell sieht „Persona 5 Strikers“ aber aus wie das Hauptspiel, bietet hier und da aber ein paar feinere Details. Diese verlieren sich dann aber oft auch wieder in der häßlichen Treppchenbildung, dir vor allem um die Figuren herum auffällt. Dennoch ist der Artstyle immer noch ein echter Hingucker und in Kombination mit dem jazzigen Sound ein Fest für Augen und Ohren. Kämpfe sind mit treibender Musik untermalt, ruhigere Momente mit Easy Listening-Klängen…wirklich toll.
Neben deutschen Bildschirmtexten kann man aus einer englischen und japanischen Synchro wählen, wobei letztere für die passende Stimmung zu bevorzugen ist. Allerdings verpasst man so den ein oder anderen Dialog in den Kämpfen, denn in diesen werden die Texte oben rechts angezeigt und liegen somit außerhalb des Blickfelds.
Zu Beginn erschlägt einen die Steuerung mit den vielen Eingabemöglichkeiten, hier muss man sich erst einmal einspielen und vertraut damit machen. Die Kamera in den Kämpfen ist hin und wieder etwas zickig, vor allem bei größeren Feinden in der Nähe von Wänden. Trotz Lock-on-Funktion hat man hier immer wieder mal Übersichtsprobleme.
FAZIT: Der Musou-Durchbruch im Westen?
Mit dem zweiten Teil von „Hyrule Warriors“ und dem hier getesten „Persona 5 Strikers“ könnte dem Musou-Genre auch endlich im Westen der große Durchbruch gelingen. Denn auch das Spin-off rund um die Phantomdiebe zeigt eindrucksvoll, dass es sich dabei nicht um planlose Buttonmasher handelt, sondern da einiges an Tiefgang drinsteckt.
Neben der interessanten Geschichte, die wieder einige spannende Figuren wie das sadistische Model oder den manipulativen Autoren bereithält, bindet Omega Force die Eigenheiten der „Persona“-Reihe perfekt in ihr bewährtes Gameplay ein. So braucht es auch eine gehörige Portion an Taktik, denn nur mit Draufhauen kommt ihr nicht weit.
Dennoch leidet das Spiel auch wieder unter einigen typischen JRPG-Schwächen. Sind die ersten zwei Gefängnisse noch ein Kinderspiel, ist spätestens der Boss in in Sapporo ein fieses Ding. Also ab zum Level grinden und XP um XP sammeln. Das nimmt das Tempo zu stark raus, auch das Suchen nach bestimmten Heilitems nervte irgendwann. So sind diese in den meisten Shops nur begrenzt zu haben…was macht man denn nun, wenn man aber unbedingt noch ein Item zum Wiederbeleben von Figuren braucht?
Generell machen die Kämpfe aber schon Spaß, auch wenn die Übersicht hin und wieder flöten geht. Dafür ist die Eindbindung der Umgebung recht cool gemacht. Mal überfahrt ihr Gegner so mit einem Snowboard oder schleudert diese durch eine akrobatische Aktion an einem Laternenmast umher.
„Persona 5 Strikers“ ist bei weitem nicht perfekt, aber ein gelungener Ableger der Musou-Reihe und zeigt eindrucksvoll, dass es sich bei diesem Genre nicht nur um eine stumpfe Aneinanderreihung von Kämpfen und dem wilden Drücken von Buttons handeln muss. Bitte mehr davon!
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