Irrfahrten einer Hexe
Als der erste Teil von „Bayonetta“ auf den Markt kam, war auch Entwickler Platinum Games ein noch recht unbeschriebenes Blatt in der Industrie. Zwar konnten die beiden ersten Spiele, „Mad World“ und „Infinite Space“ schon überzeugen, waren aber keine Kassenschlager.
Und auch wenn das actionreiche Hexentreiben mit der sexy Hauptfigur und den vielen, sich beinahe überschlagenden Kampfsequenzen für Aufmerksamkeit sorgte, blieb dieser Titel ebenfalls hinter den Erwartungen zurück.
So stand Bayonettas weiterer Werdegang also schon früh vor dem Aus, doch glücklicherweise kam dann Nintendo ums Eck. Denn deren neue Konsole, die WiiU, brauchte damals Argumente, um die Käufer*innen und vor allem Core-Gamer von sich zu überzeugen. Somit gab man Platinum Games ein paar Yen und diese setzen sich an die Entwicklung von „Bayonetta 2“.
Auch Teil 3 wurde dann vermeintlich früh im Leben der Switch angekündigt, nämlich im Winter 2017, ließ nun aber sage und schreibe fast fünf Jahre auf sich warten. Viele Fans hatten die Hoffnung schon aufgegeben, doch dann rückte Nintendo vor wenigen Wochen endlich mit dem Releasedatum heraus.
Wir haben uns „Bayonetta 3“ auf der Switch mal genauer angeschaut und verraten euch in unserem Test, wie das Action-Spektakel gelungen ist.
Wirr!
Schon die Stories der ersten beiden „Bayonetta“-Spiele waren recht abgehoben und drüber und irgendwann wirklich nur noch schwer nachzuvollziehen. Auch beim dritten Teil ist es nun ähnlich…aber ich versuche mein Bestes…
Nach den Strapazen der vorangegangen Abenteuer macht sich die titelgebende Hexe ein schönes Leben in New York und lässt sich gerade von Enzo durch die Stadt kutschieren als plötzlich ein mysteriöses Monster im Hafen auftaucht. Und natürlich stellt sich Bayonetta diesem entgegen und schon befinden wir uns mitten im ersten großen Kampf! Doch irgendwie scheint ihre Hexen-Kraft recht wirkungslos gegen das Ungetüm zu sein, auch die Hilfe ihrer Begleiterin Jeanne bringt die beiden nicht wirklich zu einem Erfolg und so stecken sie erst einmal die Köpfe mit Waffenhändler und Barbesitzer Rodin zusammen. Dieser klärt sie darüber auf, dass es sich bei dem Kraken-Monster um einen der Homunculi handelte. Diese streifen durch das Multiversum und zerstören im Auftrag ihres Chefs, Singularity, ganze Welten.
Daher liegt es nun also mal wieder an Bayonetta, das ganze Universum zu retten und sich unzähligen, turmhohen Feinden entgegenzustellen.
Action-Tumult
Wer einen der beiden Vorgänger von „Bayonetta 3“ gespielt hat, wird sich auch hier wieder schnell zurechtfinden. So steuert ihr die Hexe aus der Verfolgerperspektive und habt dabei einen großen Fundus an Bewegungen und Manövern aus dem ihr wählen könnt. So hüpft und schwebt ihr mit Bayonetta bei Bedarf von einer Plattform zur anderen, der Fokus liegt aber natürlich auf schwindelerregenden Actionszenen.
Und auch hier ist unsere Hauptfigur alles andere als wehrlos. Denn neben ihren zwei Pistolen, mit denen man Gegner zum Beispiel gut fixieren kann, hat sie auch noch zwei verschiedene Attacken auf Lager, die die Feinde das Fürchten lehren.
Besonders wichtig – und seit Teil 1 mit an Bord – ist hier die Hexenzeit. Diese wird aktiviert, wenn ihr im richtigen Moment einem Angriff ausweicht und verlangsamt so die Zeit. In dieser könnt ihr dann viele Attacken auf eure wehrlosen Gegner regnen lassen. Ein noch wichtigeres Features im dritten „Bayonetta“-Spiel ist aber die Beschwörung zahlreicher Dämonen. Neben einer Godzilla-ähnlichen Kreatur gibt es hier noch eine riesige Spinne oder eine Dämonin, die sogar noch größer als Lady Dimitrescu ist. Deren Nutzung ist aber an eine Energieleiste gekoppelt und macht Bayonetta außerdem recht verwundbar für gegnerische Angriffe. Dennoch fordert euch das Spiel immer wieder heraus, diese Dämonen einzusetzen, außerdem macht es einfach Spaß diese zu nutzen.
Was war noch?
Doch Platinum Games wäre nicht das kreative Studio, wenn man es bei der „schnöden“ Hack’n Slay-Action belassen würde. Nach einiger Spielzeit werden die spielbaren Charaktere und somit auch das Gameplay nämlich noch deutlich erweitert. Mit Viola kommt nämlich eine neue Figur hinzu, die den Fokus eher auf Nahkampf-Attacken legt und auch in Sachen Dämonen nicht ganz so gut ausgestattet ist wie die titelgebende Hexe. Auch das Auslösen der Hexenzeit funktioniert bei Viola komplett anders und ist hier mit dem perfekten Blocken gegnerischer Angriffe kombiniert.
Einen komplett anderen Stil bekommt „Bayonetta 3“ dann aber durch die Level mit Jeanne. In diesen schaltet das Spiel in eine 2D-Ansicht und erinnert eher an frühe Geschicklichkeitsspiele wie „Elevator Action“. Unter Zeitdruck müsst ihr in diesen Abschnitten nämlich den Ausgang erreichen und Feinden dabei eher aus dem Weg gehen als die Konfrontation zu suchen. Dank einiger Schalterrätsel und zahlreichen Möglichkeiten sich zu verstecken, werden hier nochmal ganz andere Areale eures Gehirns gefordert.
Und was bietet „Bayonetta 3“ noch? Neben Materialien zum Craften und dem Einkauf in Rodins Unterwelt-Shop, findet ihr in den Level zahlreiche Bonus-Gegenstände oder Herzen, die eure Energieleiste erweitern. Hin und wieder trefft ihr außerdem auf Herausforderungs-Portale, deren Absolvieren dann mit viel Loot und natürlich Bonuspunkten am Levelende belohnt wird.
Die Grafik…ein Fall für die Hexenverfolgung!
Das alles klingt bisher nach einem großen Spaß für Freunde von Action-Spielen, oder? Und das wäre es auch, wenn die Nintendo Switch in Sachen Leistung etwas potenter wäre. Denn schon in den ersten Minuten sieht man dem Spiel an, dass ihm eine technisch aktuellere Plattform gut tun würde.
Während es Platinum Games recht gut versteht, seinen bekannten Grafikstil gut auf der Switch umzusetzen – das bewies ja auch schon „Astral Chain“ – kämpft „Bayonetta 3“ vor allem mit der Auflösung und der Framerate. Letztere muss bei solch einem Spiel eigentlich die 60fps-Grenze erreichen, das schafft es aber definitiv nicht. Viel problematischer – gerade im Hinblick auf die Übersicht – ist aber die maue Auflösung des Spiels. Kanten, Ecken, Unschärfe…das alles macht „Bayonetta 3“ zu einem optischen Problemfall und stört einfach das Gesamtbild. In Verbindung mit der recht nah angesetzten Kamera ist das Spiel besonders im Handheld-Modus häufig nur schwer genießbar und kann durchaus für Übelkeit sorgen. Es ist einfach viel zu viel los auf dem kleinen Bildschirm.
Immerhin ist die Steuerung gut gelungen und reagiert prompt auf eure Manöver und Eingaben. Auch auf akustischer Ebene versteht Platinum Games sein Handwerk einfach. Neben der hervorragenden Synchro, überzeugt die Musik mit treibenden Beats und altbekannten Melodien.
FAZIT: „Bayonetta 3“ wäre ein Vorzeige-Titel…auf der Switch Pro
Ich habe es in den vergangenen Monaten bei Switch-Tests immer wieder kritisiert und muss mich auch im Fall von „Bayonetta 3“ einfach wiederholen: es muss endlich eine technisch aktualisierte Konsole von Nintendo erscheinen! Die Switch packt es einfach nicht mehr, solche Spiele wie das vorliegende Hexen-Abenteuer adäquat und spielenswert zu handhaben. „Bayonetta 3“ ist sicherlich nicht unspielbar auf der Hybrid-Konsole, ärgert aber einfach mit seinem technischen Niveau und könnte so viel angenehmer sein.
Denn das Spiel an sich ist mal wieder ein kreatives Feuerwerk und begeistert mit seinen vielen Ideen und den unterschiedlichen Settings. Und auch wenn ich kein großer Freund der neuen Figur Viola bin, bringen deren Level kombiniert mit den Jeanne-Abschnitten einfach viel Abwechslung in das Hack’n Slay. Auch die Idee mit den unterschiedlichen Dämonen ist großartig und könnte für epische Momente sorgen, wenn ich denn in dem ganzen Pixelmatsch irgendwas erkennen könnte.
Man kann nur hoffen, dass die Switch im nächsten Jahr wirklich endlich ein Update bekommtt, somit auch ein „Bayonetta 3“ einen passenden Patch und man dann vielleicht auch dieses kleine Meisterwerk endlich in einem angemessenen Rahmen genießen kann. Bis dahin träume ich von Bayonetta, aufgelöst in 4K und mit geschmeidigen 60 Bildern pro Sekunde! Und weine mich etwas in den Schlaf…
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