Vom Reittier zum Alleskönner
Chocobos erinnern irgendwie an eine Mischung aus einem Huhn und einem Strauß und fallen obendrein noch mit ihrem gelben Federkleid auf. Seit „Final Fantasy II“ gehören diese Tiere zur JRPG-Reihe wie kaum ein anderes Feature, waren in den Anfangstagen aber vor allem auf ihre Rolle als Reittiere reduziert.
Erst später erkannte Square Enix das Potential der Chocobos und baute sie immer stärker in „Final Fantasy“-Spiele ein. So sind sie unter anderem Teil von Minispielen oder Nebenmissionen und wurden mit der Zeit immer präsenter.
Seit Ende der 1990er sind so unzählige Spiele mit den charmanten Vögeln erschienen. Sie durften sich in Dungeon Crawlern ausleben, waren Teil von Action-Adventures oder Mittelpunkt von Farming-Simulatoren. Oft erschienen die Titel lediglich auf mobilen Plattformen, ein Großteil sogar nur für Handys in Japan.
Mit „Chocobo GP“ erschien nun ganz aktuell ein neuer Eintrag mit den possierlichen Reittieren in der Hauptrolle. Dabei handelt es sich um einen Funracer, der exklusiv für die Switch erhältlich ist. Ob sich Square Enix damit einen Gefallen getan hat, im Gewässer von „Mario Kart 8 Deluxe“ zu wildern? Wir verraten es euch in unserem Test.
Wünsch dir was!
Die Geschichte von „Cocobo GP“, die ihr im Story-Modus nacherleben könnt, ist eigentlich schnell erzählt. Denn um einen Wunsch erfüllt zu bekommen, nehmen allerlei Figuren und Charaktere aus den „Final Fantasy“-Spielen an einem Renn-Turnier teil. Die einzelnen Rennen und Kapitel werden dabei mit kleinen Geschichten rund um neue Gegner und neue Fertigkeiten aufgelockert und mal mehr, mal weniger lustig erzählt.
Neben der Kampagne könnt ihr euch auch in Zeitrennen, einem angepassten Rennen oder einer Rennserie, ähnlich den Grand Prix’ bei „Mario Kart“, versuchen. Freunde von Multiplayer-Rasereien kommen unter anderem mit dem Chocobo GP-Modus voll auf ihre Kosten. Hier tretet ihr als eine/r von 64 Spieler*innen an und fahrt in mehreren Etappen um den Turniersieg.
Funracer-Standards
Doch wie sieht „Chocobo GP“ auf der Strecke aus? Letztlich wird hier gewohnte Funracer-Kost geboten. Ihr habt die Wahl aus unterschiedlichen Fahrern, die jeweils auch noch verschiedene Attribute haben. Mal ist die Beschleunigung besser, dafür die Haftung oder der Drift nicht so gut. Bei der Auswahl an Figuren greift Square Enix auf zahlreiche „Final Fantasy“-Charaktere zurück. Neben Chocobo sind das vor allem Mitstreiter, Gegner und Hauptfiguren aus altbekannten Teilen. Nach der Wahl der Figur könnt ihr nicht nur aus einem von mehreren Fahrzeugen wählen, der Charakter lässt sich mit Aufklebern auch noch etwas individualisieren.
Auf der Rennstrecke selbst fühlen sich Funracer-Fans gleich Zuhause. Das beginnt schon beim Start, der euch eine Boost-Funktion bietet, geht dann über die verschiedenen, aufsammelbaren Items und endet bei der Drift-Funktion eures Karts. Nutzt ihr diese nämlich voll aus, könnt ihr am Ende einer Kurve einen ordentlichen Turbo zünden.
Auf der Strecke verteilt sind außerdem Kristalle und magische Eier. Letztere beinhalten Items, mit denen ihr euer Leben leichter und das der Gegner schwerer macht. So lasst ihr Wirbelwinde auf sie los, bekommt einen zusätzlichen Boost oder friert feindliche Karts ein. Die Möglichkeiten sind auf alle Fälle zahlreich.
Die erwähnten Kristalle erhöhen euer Tempo und laden gleichzeitig noch die Leiste für einen Spezialangriff auf. Dieser kann euch unter Umständen einen erheblichen Vorteil gegenüber den Konkurrenten verschaffen und ist ziemlich mächtig.
Hübsch anzusehen!
„Chocobo GP“ ist ein technisch rundes Erlebnis. Die Grafik auf der Switch ist sehr klar und bietet detaillierte Charaktere, schöne Effekte und toll ausmodellierte Strecken. Auch die Menüs sind sehr gut angepasst und bieten auch im mobilen Modus ausreichend Übersicht und Klarheit. Während der Rennen selbst, konnte man in unserem Test eigentlich keine großen Ruckler oder andere störende Faktoren feststellen. Auch die Unterschiede zwischen TV- und Handheld-Modus waren so gut wie nicht bemerkbar.
Oft scheitern andere Funracer an einer schwammigen Steuerung, was hier aber nicht der Fall ist. Die Eingaben wurden immer direkt umgesetzt, das Kart fühlt sich gut auf der Strecke an und so hat man immer die volle Kontrolle über seine Figur und das Fahrzeug.
Etwas gewöhnungsbedürftig, aber dann doch irgendwie zu „Chocobo GP“ passend, ist die musikalische Untermalung des Ganzen. Schon das Hauptmenü „begeistert“ mit einer Melodie, die für spontanen Kariesbefall sorgt…so süß ist sie.
FAZIT: Kein „Mario Kart“-Konkurrent!
Auf der Rennstrecke selbst bietet „Chocobo GP“ eigentlich ganz gute Unterhaltung für Freunde von Funracern. Zahlreiche Items bringen euch und die Konkurrenten oft zur Verzweiflung, es gibt flotte Drifts und durchaus auch mal anspruchsvolle Kurse mit fiesen Hindernissen und Fallen. Also beinhaltet das Spiel eigentlich alles, was man in dem Genre erwarten würde. Obendrein kommen vor allem „Final Fantasy“-Fans auf ihre Kosten, denn hier finden sich zahlreiche Cameos und Anspielungen auf den JRPG-Giganten.
Doch es gibt auch einiges an Kritik. Einige Fertigkeiten und Items wirken zu mächtig und werfen euch ganz schnell unzählige Plätze zurück, so dass ihr eigentlich kaum noch eine Chance auf Platz 1 habt. Das nervt vor allem im Story-Modus, der für das Weiterkommen einen Sieg immer voraussetzt. Und das erzeugt Frustmomente, die so gar nicht zum Rest des Spiels passen wollen.
Ein anderes Ärgernis sind die vielen Ingame-Währungen, die man so nur aus Service-Games oder Free2play-Titeln kennt. Von diesen gibt es nämlich gleich drei Stück. Mit den Kristallen, Mithril, die ihr auf den Kursen sammeln oder gegen Echtgeld kaufen könnt, lassen sich neue Sticker, Kostüme und Musikstücke freischalten. Coupons, Währung Nummer Zwei, bekommt ihr für das Absolvieren von Rennen und der Kampagne. Damit können ebenfalls Sticker, Farben und neue Charaktere gekauft werden. Zu guter Letzt gibt es noch die „Final Fantasy“-Währung Gil, die ihr hauptsächlich für Online-Rennen bekommt und mit denen sich dann besondere Charaktere wie Cloud freischalten lassen…ein Durcheinander und Ärgernis.
Alles in allem ist „Chocobo GP“ ganz nett, aber sicherlich kein ernstzunehmender Konkurrent für „Mario Kart“. Dafür müsste Square Enix noch an ein paar Stellschrauben drehen und sollte sich vielleicht eher Gedanken um Inhalte statt um Mikrotransaktionen kümmern.
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