Zombie-Odyssee
„Dead Island“ bekam bei seinem Release im Jahr 2011 eher gemischte Wertungen und Kritik ab, dennoch fand der Titel seine Zielgruppe und brachte es noch auf einige Spin-offs und Erweiterungen. Relativ schnell wurde dann auch eine Fortsetzung angekündigt, die dann aber für viele Jahre im Giftschrank und der sogenannten Entwicklungs-Hölle verschwand. Erst im vergangenen Jahr – also gute neun Jahre nach der Ankündigung – gab es dann erstmals wieder Lebenszeichen von „Dead Island 2“.
Das Spiel hatte einige Entwicklerwechsel hinter sich, erstrahlte auf der gamescom 2022 aber in einem vergleichsweise guten Bild und machte vor allem mal wieder mit seinem hohen Splattergehalt auf sich aufmerksam. Doch es folgten erneut ein paar Verschiebungen, wenn auch nur um einige Wochen und nun ist es am 21.April tatsächlich soweit: „Dead Island 2“ erscheint für Konsolen und PC. Wir haben uns die deutsche USK-Fassung mal angeschaut und uns für den Test durch Tausende von Zombies geschlachtet.
It’s always bloody in California
Der Ausbruch einer Zombie-Epidemie in Kalifornien sorgt für allerlei Aufruhr und Chaos. Doch glücklicherweise kann sich euer Charakter rechtzeitig zu einem der Evakuierungscamps durchkämpfen und in ein Flugzeug steigen. Die Freude über die vermeintliche Rettung hält allerdings nicht lange an, denn auch an Bord befindet sich ein hirnhungriger Zombie und fällt über einen Großteil der Passagiere her. Das Chaos im Flugzeug bleibt auch am Boden nicht unbemerkt und so schießt man es kurzerhand einfach vom Himmel.
Diesen Absturz überlebt ihr aber glücklicherweise und trefft dabei noch auf ein paar andere Mitstreiter. So lernt ihr unter anderem eine Schauspielerin kennen, die euch prompt in ihr Anwesen in Bel Air einlädt. Gesagt getan, nach ein paar ersten Auseinandersetzungen mit Untoten landet ihr prompt in ihrer Villa und schmiedet einen Plan, aus dem zombieverseuchten LA zu entfliehen. Dass ihr dabei anscheinend immun gegen die Bisse der hirnhungrigen Schleicher seid, ist außerdem ein spannendes und nicht zu verachtendes Detail.
Ego-Gore vom Feinsten!
„Dead Island 2“ spielt ihr aus der Ego-Ansicht und könnte auf den ersten Blick wie ein Open World-Abenteuer wirken. Doch das Spiel besteht aus mehreren, weitläufigen Arealen, die aber strikt voneinander getrennt sind. So startet ihr in Bel Air, wo sich eine Villa an die nächste reiht, besucht dann Filmsets in Hollywood, das schicke Beverly Hills oder den sonnendurchfluteten Venice Beach. Egal wo auf der Karte ihr euch aber gerade befindet, die Untoten machen euch überall das Leben schwer. Neben den regulären Gehern und Schleichern, gibt es nämlich auch noch zahlreiche widerstandsfähigere Mutanten. Manche attackieren euch mit Schleimbrocken, andere versuchen euch unter Strom zu setzen oder senden den Spieler*innen Fliegenschwärme entgegen. Es geht also allerlei Gefahr von den Zombies aus, so dass ihr euch natürlich entsprechend zur Wehr setzen solltet.
Dafür gibt euch „Dead Island 2“ allerlei Werkzeuge an die Hand. Anfangs beschränkt sich das noch auf Baseball- oder Golfschläger, Schaufeln oder Küchenmesser, nach rund einem Drittel des Spiels werden dann aber auch Schusswaffen freigeschaltet. Zu den Waffen muss man aber wissen, dass diese nicht ewig haltbar sind. Glücklicherweise könnt ihr sie an auffindbaren Werkbänken reparieren und mit verschiedenen Effekten ausrüsten. Blutung, Stromschläge oder Verwirrung sind nur einige dieser Buffs, die man mit Crafting-Material herstellen und an den Waffen anbringen kann.
Zombie-Modus, Fertigkeiten und Co.
Geht euch doch mal die Munition aus oder alle eure Waffen kaputt, könnt ihr zur Not auch auf Schläge und Tritte zurückgreifen, um die Zombies in die Flucht zu schlagen. Zur Mitte des Spiels schaltet ihr außerdem noch einen „Berserker“-Modus frei, der anscheinend auf den Biss vom Beginn des Spiels zurückzuführen ist. Habt ihr die entsprechende Leiste durch das Töten von Zombies oder den Genuss von Energydrinks aufgefüllt, löst ein Druck auf L3 und R3 diese Raaserei aus. Folglich schlagt ihr euch mit bloßen Fäusten durch die Massen an Untoten und hinterlasst dabei ein blutiges Schlachtfeld.
Eine nette Spielerei sind die vielen Physik-Effekte. So könnt ihr Zombies, die im Wasser stehen, mit Stromschlägen töten oder ihr vergießt Öl und zündet dieses anschließend an.
Erledigte Gegner und vervollständigte Aufträge spülen euch Erfahrungspunkte in die Kasse, die euch nicht nur stärker und ausdauernder machen, ihr schaltet damit außerdem neue Fertigkeits-Karten für eure Spielfigur frei. So erhaltet ihr bestimmte Spezial-Manöver, die zu einem Großteil an den Charakter angepasst sind.
Apropos Spielfigur: zu Beginn habt ihr die Auswahl aus verschiedenen Charakteren mit unterschiedlichen Attributen. So ist eine Figur stärker, dafür aber nicht so beweglich. Eine andere hingegen hat viel Ausdauer, aber nicht so viel Kraft beim Austeilen von Schlägen. Hier müsst ihr gut abwägen, was euch wichtiger ist, denn eine Anpassung zu einem späteren Zeitpunkt im Spiel ist nicht möglich.
Neben den Hauptmissionen, die euch einmal quer durch LA bringen, bietet „Dead Island 2“ auch zahlreiche Nebenbeschäftigungen. Mal helft ihr einem älteren Herren aus seinem Haus zu fliehen, mal müsst ihr bestimmte Schlüssel für eine Tür oder einen Safe finden.
Auch einen Online-Modus hat „Dead Island 2“ zu bieten und lässt euch gemeinsam mit anderen Spieler*innen durch die zombieverseuchte Stadt ziehen.
Noch ein Wort zu den Schnitten in der vorliegenden USK-Fassung: „Dead Island 2“ ist immer noch sehr blutig und explizit in seiner Darstellung von Verstümmelungen. So kann man Arme, Beine und Hände abschlagen und den Zombies erhebliche Wunden zufügen. Einzig und allein auf bereits besiegte Untote, die am Boden liegen, könnt ihr nicht mehr einschlagen. Und das ist – ganz ehrlich – zu verschmerzen und bringt sowieso keinen spielerischen Mehrwert mit sich.
Verdorben gut
Technisch gesehen sieht man „Dead Island 2“ die lange Entwicklungszeit deutlich an – und das im positiven Sinne. Die vorliegende PlayStation5-Fassung läuft ruckelfrei und bietet viele Effekte und Details. Besonders die Beleuchtung fiel hier positiv auf, aber auch die Darstellung der Zombies weiß zu überzeugen. Ja, die Modelle wiederholen sich relativ schnell, aber was da an Verwesungsgrad und Co. dargestellt wird, ist für ein Zombiespiel schon sehr fein. Auch die „lebenden“ NPCs gefallen mit ihrer Mimik und Gestik, ebenso ist der Detailgrad in der Spielwelt sehr hoch und so kann man viel entdecken.
Die Belegung des Controllers entspricht gängigen Genre-Standards, wirkt zu keinem Zeitpunkt überbelegt und geht somit absolut in Ordnung. Dennoch wäre etwas mehr haptisches Feedback bei den Kämpfen wünschenswert gewesen, diese wirken so etwas eindimensional.
Während meist entweder keine oder nur sehr ruhige Hintergrundmusik zu hören ist, werden manche Szenen dann von treibenden Beats untermalt und sorgen so nochmal für einen Extra-Schub an Adrenalin. Dieses Stilmittel hätte man ruhig häufiger nutzen können, vor allem die Songs bei Endkämpfen oder entscheidenden Schlachten sind schon sehr gelungen.
Die englische Synchronisation ist hörenswert, die deutschen Texte gut und gründlich übersetzt.
Fazit: Spaßige Zombie-Schlachtplatte mit einigen Macken
Dass man nach neun Jahren Entwicklungszeit tatsächlich noch ein vernünftiges „Dead Island 2“ geboten bekommt, grenzt eigentlich schon an ein Wunder. Doch auch wenn das Spiel ordentlich spielbar ist und viel Spaß beim Zombie-Killen macht, muss es doch auch etwas Kritik einstecken.
Besonders das Kampfsystem, also ein Dreh-und Angelpunkt von „Dead Island 2“, hat doch so einige größere Macken. Da wären die Auseinandersetzungen mit den Untoten: das Einschlagen auf die Zombies gibt nicht das erhoffte Feedback und fühlt sich flach an, außerdem wird es ganz schnell sehr chaotisch. Spätestens wenn dann noch Gegnertypen dabei sind, die man nur durch einen Konterangriff verletzten kann, wird es unübersichtlich und zu einem hektischen Gekloppe. Findet das Ganze dann noch in einem engen Raum statt, wird es schnell ungemütlich und es der Bildschirmtod ereilt euch flotter als ihr „Hirn“ sagen könnt. Glücklicherweise hat das Spiel faire Rücksetzpunkte und – bei Bosskämpfen ausgenommen – erinnert sich sogar an die Restenergie der Feinde.
Wie im vorherigen Absatz geschrieben, ist das technische Endergebnis ein Gutes. Hier kann man eigentlich kaum etwas aussetzen, außer die vielen, sich wiederholenden Gegnertypen, Objekte und Co. Spätestens nach fünf Stunden hat man eigentlich alles gesehen, was das Spiel so hergibt.
Und das lässt sich leider auch in spielerischer Hinsicht sagen. Da mal ein Arenakampf, hier mal wieder ein Boss. Anschließend dann eine lahme Fetch-Mission und zum Abschluss noch das klassische „Bringe Sicherung A zu Sicherungskasten B“…da hätte man sich ruhig etwas mehr einfallen lassen können.
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