Härte verpflichtet!
Auch wenn From Software mit „Armored Core“ und „King’s Field“ vor allem Videospiel-Enthusiasten ein Begriff waren, sind sie doch erst mit „Demon’s Souls“ auf der großen Landkarte der Spiele-Entwickler aufgetaucht. Das bockschwere Action-Rollenspiel wurde erst nur in Asien veröffentlicht, fand aber schnell eine große, importwillige Fangemeinde und schließlich dann auch offiziell seinen Weg in den Westen.
Und damit war der Hype um die Software-Schmiede, die anfangs mit Tabellenkalkulationen ihre Bentoboxen verdiente, losgetreten. Mit „Dark Souls“ schuf man letztlich eine Marke für die Ewigkeit, „Bloodborne“ lockte zahlreiche User*innen auf die PlayStation4 und in das verfluchte Yharnam.
„Sekiro: Shadows Die Twice“ sorgte schließlich für unzählige Awards und erste Plätze in Jahreslisten und das obwohl viele Fans aufgrund der Zusammenarbeit mit Activision schon zahlreiche Zugeständnisse an Casual-Player befürchteten. Doch das Gegenteil war der Fall! Sekiros Abenteuer war vermutlich eines der härtesten Spiele von From Software. Umso gespannter war man auf das 2019 angekündigte „Elden Ring“. In Zusammenarbeit mit „Game of Thrones“-Autor George R.R. Martin sollte erneut ein düsteres Fantasy-Werk entstehen, das obendrein auch noch eine Open World bieten sollte.
Doch was unterscheidet „Elden Ring“ nun von „Dark Souls“ und Co.? Ist es der vielerorts beschriebene Heilige Gral der Videospiele? Wir haben uns die PS5-Version dafür mal angeschaut.
Ein Ring sie zu knechten…
In Sachen Story könnte man meinen, dass die Story eher von Tolkien als von Martin stammt. Denn in Mittelerde…äh…sorry…in den Zwischenlanden ist ein Krieg um die Vorherrschaft entbrannt. Nachdem Königin Marika nämlich verschwunden ist, haben sich ihre Kinder nicht nur jeweils einen Teil des titelgebenden Rings gesichert, dieser verdirbt den Nachwuchs auch zusehends und sorgt dafür, dass sie zu unglaublichen Bestien werden.
Nun liegt es also an euch als Unbefleckte/r, die böse Brut zu besiegen und den Ring somit wieder herzustellen…aber machen wir uns nichts vor, die Geschichte in „Elden Ring“ ist mindestens so präsent wie die kryptische Erzählung anderer „Soulsborne“-Titel und im Anbetracht der Spielwelt eigentlich relativ egal. Aber dazu später mehr…
Nach dem Intro erwachen wir eben in der Rolle des schon genannten Unbefleckten und basteln uns einen eigenen Charakter. Egal ob Männlein oder Weiblein, alt oder jung und dünn oder dick…hier kann man sich wieder ganz gut austoben. Wichtiger als das Aussehen ist jedoch mal wieder die Wahl der Klasse. Neben bekannten Rollen wie Krieger, Bandit oder Held gibt es mit dem Samurai auch Frischfleisch und eine – so viel kann man verraten – gute Klasse für Einsteiger.
Das kenn ich doch!
Nachdem wir nun in unserer Rolle als unbefleckte Samurai-Kriegerin in einer dunklen Höhle aufwachen, gibt es erstmal ein kleines Tutorial zu erleben. Dort lernen wir schwere und leichte Attacken, den Einsatz unseres Schildes und wie man sich von hinten an Gegner schleicht. Auch wie man den Bogen benutzt, den unsere Klasse noch als Bonus hat, lernen wir in dem unterirdischen Dungeon gleich. Zum Ende dieser Einführung wird uns auch gleich nochmal ein kleinerer Bossgegner vorgesetzt, an dem wir das Erlernte üben dürfen.
So weit, so bekannt. Doch das Kampfsystem bietet auch einige Neuheiten. So könnt ihr mit eurer Figur nun Springen, was man in Kombination mit einem Schwerthieb gut gegen Feinde mit Schilden einsetzen kann. Blockt ihr nun außerdem eine gegnerische Attacke und passt den Zeitpunkt danach richtig ab, könnt ihr einen ziemlich vernichtenden Gegenangriff mit Druck auf R2 auslösen.
Der Rest des Kampfsystems gestaltet sich recht ähnlich zu „Dark Souls“ & Co. So findet ihr immer wieder neue Waffen und Ausrüstungsteile, müsst dabei aber eure Charakterwerte im Auge behalten. Ist meine Figur schon stark genug, um das riesige Schwert zu führen? Oder wird man zu schwer mit der Ausrüstung, so dass man nur noch im Schneckentempo ausweichen kann? Alles keine zu unterschätzenden Dinge.
Euren Level erhöht ihr in „Elden Ring“ mit Runen, den „neuen Seelen“, an den Orten der Gnade, die die Rolle der Leuchtfeuer einnehmen. Neben Stufenaufstiegen verwaltet ihr dort eure Items, Zauber oder Tränke oder lasst einfach ein bißchen Zeit ins Land gehen.
Und warum jetzt das ganze Geschrei?
Neu an „Elden Ring“ ist aber die offene Spielwelt, die From Software eingebaut hat. Schon kurz nach dem Tutorial liegt euch somit ein riesiger Spielplatz zu Füßen, den es nun zu erkunden gilt. Ähnlich wie in „Breath of the Wild“ könnt ihr eigentlich überall hingehen und jeden Platz erforschen, der euch erforschenswert vorkommt. Dabei deckt schon das Anfangsgebiet eine große Vielfalt ab und reicht von verfallen Ruinen über einen mysteriösen See bis hin zu gefährlichen Wäldern.
Dass ihr dabei immer die Übersicht behaltet, gibt es erstmals in einem „Soulsborne“-Vertreter eine Karte. Doch From Software wäre nicht From Software, wenn es hier eine übliche Open World-Map gäbe. So müsst ihr erst die entsprechenden Karten-Fragmente finden, die dann nach und nach die Spielwelt enthüllen. Während anfangs nur die Orte der Gnade und bestimmte Dungeons oder Schlösser eingezeichnet waren, sind seit dem letzten Update dort auch die NPCs vermerkt. Zur Not könnt ihr aber auch selber Marker setzen und euch so eure eigene Karte basteln.
Die Open World ist definitiv der Star des Spiels. Denn zum einen sind die Möglichkeiten schon zu Beginn recht groß und werden eigentlich nur von eurem Skill-Level etwas beschränkt, zum anderen finden sich immer wieder neue, spannende Punkte in der Welt. So wird man zum Entdecken eingeladen und erwischt sich dabei wie man eher die Zwischenlande erforscht als der Story nachgeht.
Neben der offenen Spielwelt gibt es aber auch zahlreiche Dungeons, die dann wieder an das gute alte „Dark Souls“-Prinzip erinnern und euch meist an deren Ende einen größeren Boss vor die Nase setzen.
Was das Spielprinzip aber vollkommen auf den Kopf stellt, ist euer vierbeiniger Begleiter in Form von Sturmwind. Das Ross trägt euch auf seinem Rücken sicher durch die Spielwelt und kann dank mancher Böen auch höhere Ebenen erreichen. Zum anderen kann man während des Reitens nun auch kämpfen, was euch in manchen Auseinandersetzungen einen kleinen Vorteil einbringt.
Die Technik…jaja…
Form Software war noch nie dafür bekannt, dass man technisch einwandfreie Spiele schuf und auch „Elden Ring“ hat noch deutlich Luft nach oben. Während der ganze Stil der Spielwelt und der Figuren mal wieder einzigartig ist und seinesgleichen sucht, ärgern einige technische Verfehlungen die Fans. Und hierbei handelt es sich eigentlich um altbekannte Probleme der Engine, die From Software auch mal fixen könnte. Wenn man wollte…
So schlagen Gegner häufig mal durch Objekte hindurch und auch das Anvisieren der Feinde ist nicht immer ganz zuverlässig. Durch die belebte Welt kommt es schon mal vor, dass der Held irgendein Tier anpeilt und nicht den bis an die Zähne bewaffneten Feind. Und das kann in mancher Situation viele Runen kosten…ärgerlich!
Auf der PlayStation5 bietet „Elden Ring“ zwei Modi. In dem einen kommt ihr in den Genuss der vollen 4K-Auflösung bei 30fps, der andere verwöhnt euer Auge mit 60 Bildern pro Sekunde und einer geringeren Auflösung.
Ladezeiten gibt es dafür kaum welche. Schnellreisen oder das Wiederbeleben an dem letzten Rücksetzpunkt dauert meist nur einen Augenblick und sorgt für ein schnörkelloses Spielerlebnis. Die Online-Anbindung läuft in der Regel auch recht zuverlässig und war in unserer Test-Phase nie ein echtes Problem. Egal ob man andere Spieler*innen zu sich holte oder in anderen Welten aushalf, das lief immer alles sauber ab.
FAZIT: Eine wahre Open World-Perle!
„Elden Ring“ hat das geschafft womit man vor fünf Jahren nicht gerechnet hätte. Ähnlich wie „Breath of the Wild“ revolutioniert From Software hier das Genre der Open World-Spiele und schafft eine Spielwelt, die einen – trotz ihrer Hoffnungslosigkeit – zum Verweilen und Erforschen einlädt.
Und das kommt auch Spieler*innen zugute, die in Sachen Skills vielleicht nicht so bewandert sind. Kommt man an einer Stelle nicht weiter, reist man einfach an einen anderen Punkt und probiert da sein Glück, holt sich ein paar Runden, levelt auf und kehrt dann stärker an die zuvor frustrierende Stelle zurück. Oder ihr ruft euer Ross herbei und reitet an dem schier übermächtigen Feind einfach vorbei…die Möglichkeiten sind vielfältig. Viel Unterstützung gibt es auch in Form magischer Helferlein, die sich an vielen Orten beschwören lassen und die Feinde oft gut ablenken, so dass ihr diesen ohne Schwierigkeiten das Schwert in die Seite rammen könnt. „Elden Ring“ ist immer noch ein schwieriges Spiel, kann aber jedoch besser skaliert werden als die Vorgänger von From Software. Und das macht das Spiel so gut!
Auch das Kampfsystem ist wieder mal eine Freude und wurde mit tollen Moves und Aktionen erweitert. Vor allem der starke Angriff nach dem Blocken oder die Spezialfertigkeit, die man mit L2 aktivieren kann, sorgen für ordentlich Energieverlust beim Gegner. Obendrein macht es wieder enorm Spaß seinen Charakter zu leveln und die Ausrüstung mit Hilfe von Schmiedesteinen oder Talismane zu verbessern.
Technisch ist – wie immer bei From Software-Spielen – noch Luft nach oben und langsam vielleicht mal die Überlegung sinnvoll, ob eine neue Engine eine lohnenswerte Investition wäre. Am grausigsten ist aber wieder einmal die umständliche Menüführung und die kryptische Beschreibung der Items. Statt eines schwurbeligen Textes einfach mal dazu schreiben, wie das gerade angewählte Objekt funktioniert, wäre echt prima.
Alles in allem ist „Elden Ring“ aber das erwartete Meisterwerk. Vor allem die Offenheit der Spielwelt hat es in sich und kann euch unzählige Stunden beschäftigen. Bevor ich überhaupt mit den Story-relevanten Missionen angefangen habe, gingen mindestens sechs Stunden ins Land. Ein Spiel, das einen in seinen Bann zieht und nicht mehr so schnell los lässt.
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