Till Lindemann, der Sänger von Rammstein, hat vor Gericht eine Niederlage gegen die Süddeutsche Zeitung erlitten, nachdem er zuvor gegen den Spiegel einen juristischen Sieg errungen hatte. In dem Fall ging es um einen Artikel, in dem die SZ gemeinsam mit dem NDR ein Rekrutierungssystem beschrieb, mit dem junge Frauen vor und nach Rammstein-Konzerten für sexuelle Handlungen mit Lindemann angeblich angeführt wurden. Mehrere Frauen äußerten in dem Artikel Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen den Sänger.
Das Landgericht Frankfurt musste entscheiden, ob es zulässig ist, über derartige Anschuldigungen zu berichten, insbesondere in einer „Aussage gegen Aussage“-Situation. Das Gericht entschied, dass die Berichterstattung in diesem Fall zulässig sei. Ein Verbot der Berichterstattung hätte ein grundsätzliches Verbot zur Folge, „über einen möglichen Vorfall wie den vorliegenden“ zu berichten.
Das Gericht stellte fest, dass die SZ die notwendigen Vorkehrungen getroffen hatte, um eine zulässige Verdachtsberichterstattung zu gewährleisten. Die Zeitung hatte eidesstattliche Erklärungen der mutmaßlich betroffenen Frauen eingeholt und ausreichende Anstrengungen unternommen, um die Richtigkeit der Angaben zu verifizieren.
Till Lindemann und seine Anwälte bestritten nicht die Existenz des beschriebenen Systems, behaupteten jedoch, dass die sexuellen Handlungen einvernehmlich gewesen seien. Sie sahen die Intimsphäre des Sängers durch die Berichterstattung erheblich verletzt. Die Unterlassungsklage von Lindemann wurde jedoch vollständig zurückgewiesen, einschließlich der geschilderten sexuellen Kontakte.
Das Gericht argumentierte, dass, wenn „junge Frauen systematisch für sexuelle Handlungen mit dem Kläger ausgesucht und diesem organisiert werden“, und sie in Situationen geraten können, aus denen sie sich aufgrund von Angst, Scham oder erheblicher Alkohol- oder Drogenintoxikation nicht mehr herauslösen können, die Berichterstattung gerechtfertigt sei.
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