Life Is Strange: True Colors [Playstation5 – Review]

Kann „True Colors“ wieder zur alten Stärke zurückkehren?

„Life Is Strange“ hat mittlerweile eine riesige Community bekommen. Das erste Abenteuer um Max und Chloe war ein Riesenhit gewesen und konnte dank der Zeitreise-Fähigkeit viele spannende aber auch sehr berührende Momente erzeugen. Dieser wurde von Dontnod Entertainment in Zusammenarbeit mit Deck Nine Games entwickelt. Danach folgte ein etwas kleineres Spinoff namens „Life Is Strange : Before the Storm“, dieser wurde bereits ausschließlich von Deck Nine entwickelt. Dabei folgten wir Chloes Story vor den Ereignissen von „Life Is Strange 1“. Einige Zeit später bekamen wir „Life Is Strange 2“. Dort drehte es sich um die Brüder Daniel und Sean Diaz, die auf einen unfreiwilligen Road Trip geschickt werden nachdem ein tragisches Schicksal ihr Zuhause und die Familie zerstört hat. Mithilfe von Daniels Telekinese Kraft versuchten sie die mexikanische Grenze zu erreichen, um ein neues Leben aufzubauen. Der zweite Teil wurde diesmal ausschließlich von Dontnod Entertainment entwickelt, und konnte nur gemischte Kritiken einfahren. Ein großes Problem war die Tatsache, dass man ständig die Orte wechselt und so keine Beziehung zu den Nebenfiguren aufbauen konnte.

Nun ist der dritte Teil mit dem Namen „Life Is Strange: True Colors“ da. Dieser kommt diesmal von Deck Nine und verfolgt die Geschichte von Alex Chen mit der Fähigkeit, die Emotionen ihrer Umgebung durch farbige Auren zu sehen und zu fühlen. Das Spiel erforscht ihre ungewöhnliche Begabung – oder Fluch, wie sie oft sagt– in vollem Umfang. Wir müssen entscheiden wie man bestimmte Probleme löst, die sich unweigerlich aus der Aufnahme und Beeinflussung dieser Emotionen ergeben, manchmal mit verheerenden Folgen. Ob der dritte Teil nun zu alter Stärke zurückkehrt, erfahrt ihr in unserer Review.

Die Kraft der Gefühle

„Life is Strange: True Colors“ folgt einem jungen Mädchen namens Alex Chen, diese lebte über viele Jahre in Kinderheimen und Pflegefamilien. Als ihr Bruder Gabe eines Tages den Kontakt zu ihr findet, beschließt Alex ein neues Leben zu beginnen, bei ihrem Bruder in Haven Springs, Colorado.

Umgeben von den schneebedeckten Rocky Mountains ist Haven Springs ein ländlicher Ort mit rustikaler Architektur und entspannten Stadtbewohnern. Es ist die Art von Spot, die Alex als introvertierter Punk-Rocker zunächst etwas fremd vorkommt. Doch als Gabe sie den liebenswerten Bewohnern vorstellt, fasziniert sie der Gedanke an einen Neuanfang an einem Ort, der sich weit von ihrem früheren Leben entfernt anfühlt.

Leider steht ihre Superkraft der extremen Empathie immer wieder im Weg. Diese ermöglicht es ihr, die Gefühle und Emotionen der Bürger selber zu fühlen und dadurch auch ihre Gedanken zu lesen. Durch extreme Emotionen wie Wut, kann sie diese Fähigkeit schwer kontrollieren und überträgt diese auf sich selbst, was zu einigen Konsequenzen führen kann. Und gerade als sie versucht, mit all dem fertig zu werden, wird ihr Leben von einem traumatischen Erlebnis überschattet und sie ist gezwungen sich mit den Schuldgefühlen der Einwohner auseinanderzusetzen. Vertrauen spielt eine große Rolle, ist jeder in dieser Stadt wirklich so nett wie er sich von außen gibt? Die Entscheidung, wem Alex vertrauen soll, werden wir übernehmen.

Haven Springs- ein toller Ort zum Erkunden

„Life Is Strange: True Colors“ teilt das Gameplay zwischen Gesprächen und Erkundungen auf. Manchmal spielt man dialoglastige Story-Sequenzen, bei denen wir Entscheidungen treffen müssen, die sich auf die Entwicklung der Handlung auswirken. Zum anderen spielen wir Abschnitte, in denen wir einen Ort erkunden, mit Leuten sprechen und Gegenstände inspizieren können. Es sollte bereits durch die Vorgänger bekannt sein, dass man bei diesem Titel keine Action erwarten kann. „Life Is Strange“ hat seine eigene Art und Weise zu fesseln und zu begeistern.

Der ständige Ansturm der Gefühle aller anderen kann dazu führen, dass Alex ihre Macht nicht kontrollieren kann. Sie erkennt jedoch auch an, dass ihre Empathie eine wertvolle Ressource sein kann. An vielen entscheidenden Stellen im Spiel nimmt man die Emotionen eines anderen Charakters auf und visualisiert anschließend seine Gedanken. So gewinnen wir wertvolle Einblicke in seine Vergangenheit und Gegenwart.

Wir können uns entscheiden ob wir eine Freundschaft vertiefen oder brechen, ob man eine Liebesbeziehung entstehen lassen will oder ob man die negativen Emotionen eines anderen auf das Risiko der eigenen psychischen Gesundheit absorbiert. Aber es gibt auch viele optionale Ziele, die die Geschichte und die Charaktere auch in kleinerem Maßstab beeinflussen können. Dazu gehören zum Beispiel, einem unsicheren Jogger eine Aufmunterung zu geben, einem Mann dabei zu helfen seinen verlorenen Hund zu finden oder einfach nur zu entscheiden ob er seine unordentliche Wohnung aufräumen soll oder nicht.

In den meisten Kapiteln können wir mit Alex erkunden was Haven Springs zu bieten hat – und es gibt einiges zu sehen. Wir können zum Beispiel den örtlichen Plattenladen durchstöbern, Leute an der Bar besuchen, auf dem Steg am See entspannen oder Minispiele im Retro-Stil an den verstreuten Arcade-Automaten spielen. Wenn man alles sehen möchte, kann man Hunderte von interaktiven Objekten untersuchen. Diese reichen von banalen Dingen bis hin zu bemerkenswerten Sehenswürdigkeiten oder aufschlussreichen Dokumenten, die weitere Erkenntnisse über die Geschichte der Stadt und ihre Bewohner liefern.

Außerdem gibt es Sammlergegenstände, die mit einer bestimmten Aura verbunden sind. Jedes Element enthält eine Erinnerung an jemanden, der daran beteiligt war. Einige Gegenstände sind gut versteckt und können etwas schwierig zu finden sein, was ein weiterer Anreiz ist, offene Bereiche gründlich zu durchsuchen. Eine Kapitelauswahl nach dem Spiel macht es jedoch einfacher alle zu finden.

Grandiose Optik und ein toller Soundtrack

Die „Life Is Strange“-Reihe brauchte seit geraumer Zeit ein Facelifting. Daher ist es großartig zu sehen, wie „True Colors“ umfangreiche Verfeinerungen implementiert, ohne den Charm der Serie zu opfern. Gelegentlich gibt es leider Texturen mit niedriger Auflösung auf Kleidung und Oberflächen, diese kommen aber relativ wenig vor. „True Colors“ hat einen sehr schönen Look, denn die Entwickler haben sich viel Mühe gegeben möglichst viele Details zu zeigen. Endlich können sich die Welt und die Charaktere in „Life Is Strange“ mit vollem Potenzial entfalten, vor allem auf der Playstation5.

Insbesondere Motion Capture und Face Capture sind diesmal viel besser. Diese sorgen dafür, dass die Bewegungen der Charaktere deutlich weniger steif sind und Gesichtsanimationen die unterschiedlichen Emotionen der Schauspieler hervorheben. Durch diese Verbesserungen wirkt die Geschichte noch viel glaubwürdiger und es trägt dazu bei, dass diese einen in den Bann zieht.

Haven Springs ist einfach wunderschön und es gibt an jeder Ecke etwas zu sehen. Egal ob man die Vegetation direkt unter einem schneebedeckten Berg bewundert, nachdenklich über einen kristallklaren See blickt oder einfach nur über einen schön dekorierten Stadtplatz wandert, dieses kleine Stück Himmelslandschaft in Colorado ist genauso wunderbar anzusehen wie es zu erkunden ist.

In „True Colors“ wimmelt es auch von phänomenaler Musik. Nichts hier ist so einprägsam wie das traumhafte „Something Good“ des Originalspiels oder „Lisztomania“ von „Life Is Strange 2“. Aber „True Colors“ klingt dennoch beeindruckend mit einem Soundtrack von Angus & Julia Stone.

Die Sammlung von Indie-Jams und volkstümlichen Akustikstücken des Stone-Duos fühlt sich im „Life Is Strange“-Universum an wie zu Hause. Es gibt auch einige Tracks von Künstlern wie Phoebe Bridgers und Novo Amor sowie eine Handvoll exzellenter Cover. Am bemerkenswertesten ist jedoch die Art und Weise, wie jeder Song im perfekten Moment in der Geschichte spielt. Es erinnert uns daran, dass Musik für das Geschichtenerzählen genauso wichtig sein kann wie Grafiken und Dialoge – vielleicht sogar noch wichtiger. Positiv zu erwähnen ist auch, dass wir nun eine deutsche Sprachausgabe erhalten haben. Es wurden für den deutschen Raum sehr viele talentierte Sprecher gecastet die ihren Job mehr als gut machen.

  • Story
  • Grafik
  • Gameplay
  • Spielspaß
4.4

Fazit : Der wahrscheinlich beste Teil der "Life Is Strange"-Reihe!

„Life Is Strange: True Colors“ erzählt eine fesselnde Geschichte von Tragödien, moralischer Mehrdeutigkeit und persönlichem Wachstum und bietet jede Menge Entscheidungen. Die Geschichte ist durchweg großartig und fesselnd erzählt, es gibt viele Momente bei denen wir Gänsehaut bekommen und manche Wendungen, die uns noch lange im Gedächtnis bleiben. Aber vor allem ist „True Colors“ genau das, was das Franchise braucht: eine zusammenhängende Reise mit erheblichen Verbesserungen bei Grafik, Animation und Sprachausgabe. Auch die deutschen Sprecher machen ihre Sache richtig gut und brauchen sich vor den englischen Sprechern nicht verstecken. Endlich fühlt sich „Life Is Strange“ von Anfang bis Ende wie ein Big-Budget-Erlebnis an.

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